Biobanking als Grundlage für assistierte Reproduktionstechniken

Assistierte Fortpflanzungstechniken helfen bei der Erhaltung der Artenvielfalt. Insbesondere die Kryokonservierung von Gameten ist eine wichtige Voraussetzung zur Erhaltung der genetischen Variabilität von Wildtierpopulationen sowie zur Unterstützung von Zuchtprogrammen in Zoos.

Projektdetails
Laufzeit: seit 05/2007
Drittmittelfinanziert: teilweise
Beteiligte Abteilung(en): Abt. Reproduktionsbiologie, Abt. Reproduktionsmanagement, Abt. Wildtierkrankheiten
Projektleitung im Leibniz-IZW: Karin Müller, Jennifer Zahmel (alle: Abt. Reproduktionsbiologie)
Projektbeteiligte im Leibniz-IZW:

Katarina Jewgenow (Abt. Reproduktionsbiologie), Gudrun Wibbelt, Claudia Szentiks (alle: Abt. Wildtierkrankheiten), Frank Göritz (Abt. Reproduktionsmanagement)

Lorena Fernández-González (seit 2013), Mohammad Bashawat (seit 2017), Susanne Eder (2012-2020), Martina Colombo (2019-2020) (alle: Abt. Reproduktionsbiologie)
Konsortialpartner: Gemeinschaft Deutscher Kryobanken /GDK
Aktuelle Förderorganisation: Minitüb GmbH
Forschungsschwerpunkte:

Verbesserung der Lebensfähigkeit von Wildtierpopulationen

Entwicklung neuer Theorien, Methoden und Werkzeuge

 

Assistierte Fortpflanzungstechniken helfen bei der Erhaltung der Artenvielfalt. Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung von Protokollen zur Langzeitkonservierung von Gameten und Geweben der Reproduktionsorgane verschiedenster Tierarten bei tiefen Temperaturen. Seit 2007 gibt es am Leibniz-IZW eine spezielle Gametenbank für Katzenartige, um die Zuchtprogramme der Zoos zu unterstützen. Um die konservierten Zellen und Gewebe künftig umfassend nutzen zu können, erforschen und optimieren wir verschiedene In-vitro-Methoden der assistierten Reproduktion.

M. Colombo et al., Vortrag CRYO2020 (57th Annual Meeting of the Society for Cryobiology)

Projektfokus: Biobanking

Biobanking erfordert die Erhaltung der funktionellen Eigenschaften der konservierten Zellen und deren Schutz vor mikrobiellen Kontaminationen. Aufgrund der einzigartigen Möglichkeiten des IZW, Zugang zu Gonaden seltener oder gefährdeter Tiere zu erhalten, erweitern wir kontinuierlich unsere Biobank von Gameten und Geweben der Reproduktionsorgane. Die physiologische Funktion von Zellen und Geweben wird jedoch normalerweise durch den Prozess der Kryokonservierung stark beeinträchtigt. Deshalb untersuchen wir die Beeinträchtigungen durch assistierte Reproduktionstechniken (ART) wie die Kryokonservierung und verfeinern unsere Methoden, um die Funktionalität von Zellen und Geweben aufrechtzuerhalten. Zum Beispiel haben wir einen Einfluss der Lipidzusammensetzung von Spermien auf das artspezifische Einfrierverhalten beobachtet und ausgewählte Lipidzusätze zum Verdünner sowie Komponenten des Seminalplasmas auf ihr schützendes Potential hin untersucht.

Wir haben für Feldeinsätze geeignete Protokolle sowohl für die Kryokonservierung von Spermien von Katzenarten und anderen Säugetieren als auch für Ovargewebe entwickelt, die von ambitionierten Laien ausgeführt werden können. Kürzlich haben wir ein Protokoll zur Kryokonservierung von dissoziierten Zellen aus Hodengewebe von Katzen entwickelt. Die Biosicherheit unserer IZW-Kryobank wurde in einer Ringstudie der Gemeinschaft Deutscher Kryobanken (GDK) bestätigt, in der mikrobielle Kontaminationen umfassend getestet wurden. Wir arbeiten eng mit den KollegInnen der Abteilung für Wildtierkrankheiten (Pathologie) zusammen, um eine optimale Probenrekrutierung zu gewährleisten, sowie mit den TierärztInnen der Abteilung Reproduktionsmangement.

I am Dr. Mohammad Bashawat, Postdoc in Department 4. If you would like to know more about my project, please watch the video!

Projektfokus: Felid Gamete Rescue Project

Aufgrund des kontinuierlichen Rückgangs der Bestände im Freiland stehen viele Katzenarten in verschiedenen Gefährdungskategorien auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Die Hauptbedrohungsfaktoren sind Verlust des Lebensraums und die illegale Jagd auf die Tiere für Fleisch, Verwendung in der traditionellen chinesischen Medizin oder als Trophäe.

Mit dem Rückgang in der Natur steigt die Bedeutung der derzeit in Zoos existierenden Tiere als Back-up- Populationen. Ein Ergänzen der Zoobestände aus dem Freiland zur Auffrischung des Genpools ist allerdings kaum noch realistisch. Die Zoos müssen ihre kleinen Bestände daher sehr sorgfältig managen, um die genetische Vielfalt möglichst hoch und damit die Populationen gesund zu erhalten. Aus diesem Grund existieren allein in Europa für 27 Katzenarten und -unterarten Erhaltungszuchtprogramme oder Zuchtbücher.

Die Abteilung Reproduktionsbiologie möchte das Bemühen der Zoos forschungsbasiert unterstützen und hat eine Gametenbank für alle Katzenarten unter dem Namen „Felid-Gamete-Rescue-Project“ eingerichtet. Bei Katzen nicht etablierte Techniken der assistierten Reproduktion (z.B. künstliche Befruchtung von Eizellen (IVF), In-vitro- Kultur von Embryonen, Embryotransfer, Kryokonservierung von Eizellen, Spermien, Embryonen und Gonadengewebe) werden erforscht und kontinuierlich verbessert. Zoos haben die Möglichkeit, Spermien und Eizellen von verstorbenen Katzen in der Gametenbank einzulagern. Sie können auch Material anfordern, um z.B. in einem Besamungsversuch das genetische Material verstorbener Tiere wieder in die Population zurückzubringen. Im Verlauf der letzten 10 Jahre haben wir Proben von 141 verschiedenen Katzen erhalten. 36 Spermienproben wurden eingelagert, 1.110 Eizellen wurden kultiviert, 47 Embryonen produziert und eingefroren, darunter erstmals ein Embryo der Asiatischen Goldkatze, von der in Europa weniger als 20 Tiere existieren. Für Spermien wurde ein feldtaugliches Einfrierverfahren entwickelt und publiziert. 36 Zoos haben das Projekt bisher unterstützt und Proben geschickt.

Dieses Projekt wird durch die Bereitstellung von Probenmaterial durch die Abteilungen Wildtierkrankheiten und Reproduktionsmanagement unterstützt.

Ausgewählte Publikationen

Zahmel J, Jänsch SJewgenow K, Sandgreen DM, Skalborg Simonsen K, Colombo M (2021): Maturation and fertilization of African lion (Panthera leo) oocytes after vitrification. CRYOBIOLOGY 98, 146-151. doi: 10.1016/j.cryobiol.2020.11.011.

Colombo M, Zahmel J, Binder C, Herbel J, Luvoni GC, Jewgenow K (2021): Ovary cold storage and shipment affect oocyte yield and cleavage rate of cat immature vitrified oocytes. CRYOBIOLOGY 98, 181-186. doi: 10.1016/j.cryobiol.2020.11.003.

Colombo M, Zahmel J, Jänsch S, Jewgenow K, Luvoni GC (2020): Inhibition of Apoptotic Pathways Improves DNA Integrity but Not Developmental Competence of Domestic Cat Immature Vitrified Oocytes. FRONT VET SCI 7, 588334. doi: 10.3389/fvets.2020.588334.

Bajerski F, Buerger A, Glasmacher B, Keller ERJ, Mueller K, Mühldorfer K, Nagel M, Ruedel H, Müller T, Schenkel J, Overmann J (2019): Factors determining microbial colonization of liquid nitrogen storage tanks used for archiving biological samples. APPL MICROBIOL BIOTECHNOL 104, 131-144. doi:10.1007/s00253-019-10242-1.

Jewgenow K, Braun BC, Zahmel J (2019): Preservation of female genetic resources in feline species. REPROD DOM ANIMAL 54, 13-14.

Fernandez-Gonzalez L, Müller K, Jewgenow K, Zahmel J (2019): Felid-gamete-rescue within EAZA - efforts and results in biobanking felid oocytes and sperm. J ZOO AQUAR RES 7, 15-24. jzar.org/jzar/article/view/369/254.

Müller K, Eder S, Jakop U, Schiller J, Müller P, Bashawat M (2019): Assisted reproduction for felid species conservation – Sperm competences at risk. REPROD DOMEST ANIM. doi:10.1111/rda.13581.

Jewgenow K, Fernandez-Gonzalez L, Jänsch S, Viertel D, Zahmel J (2019): Brilliant cresyl blue staining allows the selection for developmentally competent immature feline oocytes. THERIOGENOLOGY 126, 320-325. doi:10.1016/j.theriogenology.2018.12.021.

Araújo Martins JL, Lopes MD, Ferreira de Souza F, Sossai Possebon F, Wibbelt G, Jewgenow K (2018): Cat preantral follicle survival after prolonged cooled storage followed by vitrification. CRYOBIOLOGY 81, 94-100. doi:10.1016/j.cryobiol.2018.02.004.

Zahmel J, Mundt H, Jewgenow K, Braun BC (2017): Analysis of gene expression in granulosa cells post maturation to evaluate oocyte culture systems in domestic cat. REPROD DOM ANIM 52, Suppl. 2, 65-70. doi: 10.1111/rda.12829.

Luther I, Jakop U, Lueders I, Tordiffe A, Franz C, Schiller J, Kotze A, Müller K (2017): Semen cryopreservation and radical reduction capacity of seminal fluid in captive African lion (Panthera leo). THERIOGENOLOGY 89, 295-304. doi: 10.1016/j.theriogenology.2016.10.024.

Fernandez-Gonzalez L, Jewgenow K (2017): Cryopreservation of feline oocytes by vitrification using commercial kits and slush nitrogen technique. REPROD DOMEST ANIM 52, Suppl 2, 230-234. doi: 10.1111/rda.12837.

Klaus C, Eder S, Franz C, Müller K (2016): Successful cryopreservation of domestic cat (Felis catus) epididymal sperm after slow equilibration to 15 or 10°C. REPROD DOM ANIM 51, 195–203. doi: 10.1111/rda.12666 ISSN 0936–6768.

Sowinska N, Mueller K, Niżański W, Jewgenow K (2017): Mitochondrial distribution, aggregation and activity in oocytes of the domestic cat (Felis catus) after in vitro maturation and vitrification. REPROD DOMEST ANIM 52, 806 - 813. doi: 10.1111/rda.12982.

Lopes CAP, Alves AMCV, Jewgenow K, Báo SN, Figueiredo JR (2016): Cryopreservation of canine ovarian cortex using dimethyl sulfoxide or 1,3-propanediol. THERIOGENOLOGY 86, 1165-74. doi:10.1016/j.theriogenology.2016.04.006.

Fernandez-Gonzalez L, Hribal R, Stagegaard J, Zahmel J, Jewgenow K (2015): Production of lion (Panthera leo) blastocysts after in vitro maturation and ICSI. THERIOGENOLOGY 83, 995-999. doi.org/10.1016/j.theriogenology.2014.11.37.

Hribal R, Hachen A, Fernandez L, Zahmel J, Jewgenow K, Braun BC (2014): The influence of recombinant feline oviductin on different aspects of domestic cat (Felis catus) IVF and embryo. THERIOGENOLOGY 82, 742-749. doi:10.1016/j.theriogenology.2014.06.009.

Wiedemann C, Zahmel J, Jewgenow K (2013): Short-term culture of ovarian cortex pieces to assess the cryopreservation outcome in wild felids for genome conservation. BMC VET MED 9, 37. doi:10.1186/1746-6148-9-37.

Wongbandue G, Jewgenow K, Chatdarong K (2013): Effects of thyroxin (T4) and activin A on in vitro growth of cat preantral follicles. THERIOGENOLOGY 79, 824-832. doi:10.1016/j.theriogenology.2012.12.008.

Hribal R, Jewgenow K, Braun BC, Comizzoli P (2013): Influence of culture medium composition on relative mRNA abundances in domestic cat embryos. REPROD DOMEST ANIM 48, 245-251. doi:10.1111/j.1439-0531.2012.02139.x.