Verbesserung der Lebensfähigkeit von Wildtierpopulationen

Der Forschungsfokus auf Artenschutz ist ein essenzieller Bestandteil des Leibniz-IZW-Forschungsprogramms und trägt maßgeblich zur Mission einer evolutionären Wildtierforschung für den Artenschutz bei. Mit der Mission arbeiten wir auf die Vision des Verständnisses und der Verbesserung der Anpassungsfähigkeit von Wildtieren im Kontext des globalen Wandels hin.

Basierend auf einem umfassenden Verständnis der evolutionären Anpassungen von Wildtieren und der Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen, entwickeln wir innovative Konzepte und Methoden für den Schutz und das Management bedrohter Wildtierarten. Das Leibniz-IZW verfolgt dabei integrative Ansätze, die die Populationen in menschlicher Obhut wie in freier Wildbahn berücksichtigen.

Unser Ziel ist es, die Lebensfähigkeit der Population auf verschiedenen Ebenen zu verbessern: Wir erarbeiten die wissenschaftliche Grundlage für Entscheidungen im Artenschutz und geben Empfehlungen an Naturschutzorganisationen, Wildtierfachleute, zoologische Gärten und politische Entscheidungsträger weiter. Wissenschaftlich fundierte veterinärmedizinische Interventionen werden direkt von Leibniz-IZW-Mitarbeitern durchgeführt, z.B. bei der assistierten Reproduktion. Darüber hinaus entwickeln wir Verfahren zur Beteiligung von Interessensgruppen bei der Entwicklung und Durchführung von Forschungsprojekten (Stakeholderprozess) kontinuierlich weiter. Die Beteiligten werden in allen Phasen, von der Formulierung der Forschungsfragen bis zur Diskussion der Ergebnisse, einbezogen. Schließlich setzen wir unsere Kompetenz in der Modellierung ein, um die Folgen anthropogener Einflüsse und den Erfolg möglicher Erhaltungsmaßnahmen zu prognostizieren.

Dieses Leistungsziel wird direkt u.a. in den folgenden Projekten adressiert:

Evidenzbasierte Lösungen für den Farmer-Gepard-Konflikt in Namibia

Konflikte zwischen Menschen, ihren Nutztieren und Raubtieren sind ein weltweites Phänomen. Die Entwicklung von nachhaltigen Lösungen bedeutet eine große Herausforderung, besonders für bedrohte Raubtierarten. Wir zeigen am Beispiel der Geparde in Namibia, wie mit detaillierten Informationen der räumlichen Bewegungen der Geparde das Rindermanagement der Farmer angepasst werden kann. Damit reduzieren sich die Verluste substanziell, ebenso das Töten von Geparden durch die Farmer.

Reproduktionsbiologie von Luchsen – Grundlagen für die Erhaltungszucht des Iberischen Luchses

Luchse sind die größten Raubkatzen Europas und haben als Beutegreifer eine wichtige Rolle in natürlichen Ökosystemen und für den Erhalt der Biodiversität inne. Der ausschließlich auf der Iberischen Halbinsel vorkommende Pardelluchs (Lynx pardinus) galt lange als die am höhsten bedrohte Katzenart weltweit. Mit unserer Forschung zur Fortpflanzungsbiologie von Luchsen konnten wir maßgeblich die Zucht der Pardelluchse für die Wiederansiedlung unterstützen und damit einen Beitrag zur lokalen biologischen Vielfalt leisten.

BioRescue – Fortschrittliche Reproduktionstechnologien zur Rettung von stark gefährdeten Säugetieren wie dem nördlichen Breitmaulnashorn

Es gibt nur noch zwei nördliche Breitmaulnashörner auf der Welt, beide sind weiblich. Kann man diese Tiere noch vor dem Aussterben retten? Zusammen mit internationalen Partnern aus Wissenschaft und Artenschutz will das BioRescue-Konsortium durch die Entwicklung fortschrittlicher Methoden der assistierten Reproduktion (aART) und Stammzell-assoziierter Techniken (SCAT) das scheinbar Unmögliche möglich machen.

Die Bewegungsökologie Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) in anthropogenen Landschaften

Die Forschung dieses Projekts widmet sich den Fragen, wie hochmobile Arten wie der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) im Agrarland oder in städtischen Räumen überleben und welche Faktoren das individuelle Verhalten sowie die lokalen Bestände beeinflussen.

Gesundheitszustand und Krankheiten in der mitteleuropäischen Tieflandwolfpopulation

Wölfe in Deutschland befinden sich überwiegend im Spannungsfeld von Jägern, Vieh- und Schafszüchtern, Naturschutzvereinen, Politik und der allgemeinen Öffentlichkeit. Das Leibniz-IZW liefert evidenzbasierte Forschungsergebnisse, die die Grundlage für das Wolfsmanagement in Deutschland bilden.

Biobanking als Grundlage für assistierte Reproduktionstechniken

Assistierte Fortpflanzungstechniken helfen bei der Erhaltung der Artenvielfalt. Insbesondere die Kryokonservierung von Gameten ist eine wichtige Voraussetzung zur Erhaltung der genetischen Variabilität von Wildtierpopulationen sowie zur Unterstützung von Zuchtprogrammen in Zoos.

Prioritäten für den Artenschutz im Truong-Son-Gebirge in Vietnam und Laos

Die außerordentliche Biodiversität und Endemismus des Truong-Son Gebirges in Vietnam und Laos ist durch illegale Jagd extrem gefährdet. Wir nutzen neueste Methoden der systematischen Biodiversitätserfassung und statistische Modellierung um die letzten Rückzugsgebiete der Artenvielfalt zu identifizieren.

Verhaltensökologie und Evolutionsbiologie der Tüpfelhyänen-Population des Ngorongoro-Krater

Wie – und wie gut – reagieren gruppenlebende Tiere auf soziale und ökologische Veränderungen? Um dieser Frage nachzugehen, untersuchen wir die Evolution von Sozialverhalten sowie Verhaltens- und Evolutionsprozesse, die die Lebensgeschichte und die Fitness gruppenlebender Tiere prägen anhand einer gesamten Population wildlebender Tüpfelhyänen (acht Gruppen, mehr als 2500 Individuen), die wir seit 1996 beobachten und für die wir einen fast vollständigen genetischen Stammbaum über neun Generationen erstellt haben.

Wildtierendokrinologie

Wildtierendokrinologie basiert weitgehend auf dem nicht-invasiven Monitoring von Geschlechtshormonen und von Hormonen der Nebenniere in leicht zugänglichen Subtraten, wie Kot, Urin, Haaren. Unser Labor befasst sich mit Testentwicklung und -validierung bei einer Vielzahl von Wildtieren und kooperiert mit vielen Forschungsprojekten am IZW und darüberhinaus.