Verständnis von Merkmalen und evolutionären Anpassungen

Der Forschungsfokus auf Merkmale und evolutionäre Anpassungen ist ein essenzieller Bestandteil des Leibniz-IZW-Forschungsprogramms und trägt maßgeblich zur Mission einer evolutionären Wildtierforschung für den Artenschutz bei. Mit der Mission arbeiten wir auf die Vision des Verständnisses und der Verbesserung der Anpassungsfähigkeit von Wildtieren im Kontext des globalen Wandels hin.

Dieses Leistungsziel liefert wichtige Erkenntnisse darüber, ob, mit welchen Mechanismen und mit welchen Konsequenzen Wildtierpopulationen auf natürliche und anthropogene Herausforderungen reagieren, welches genetische Potenzial und welche reproduktiven, physiologischen, immunologischen, ökologischen oder verhaltensmäßigen Reaktionsnormen sie besitzen, um Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Dies berücksichtigt auch die Hindernisse und Widersprüche in den Reaktionen, die adäquate Antworten auf Prozesse des Umweltwandels erschweren. Ebenso beziehen wir zeitliche Perspektiven ein – etwa in der Frage, inwieweit sich Reaktionen in Abhängigkeit von Dauer und Geschwindigkeit des Wandels unterscheiden. Wir nutzen Erkenntnisse über vergangene evolutionäre Anpassungsprozesse, um die Reaktionen der Wildtiere vorherzusagen. Dazu gehört auch das Verständnis der Evolution wichtiger Krankheitserreger von Wildtieren.

Dieses Leistungsziel wird direkt u.a. in den folgenden Projekten adressiert:

Vergleichende Umwelt-Epigenetik bei Wildtieren

Epigenetische Veränderungen fungieren als flexible Mechanismen, die die Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen erhöhen. Bisher wurden jedoch hauptsächlich Mütter und deren Nachwuchs untersucht. In unserer Studie untersuchen wir paternal übertragene epigenetische Effekte und fragen außerdem, ob unterschiedliche Umweltveränderungen unterschiedliche oder ähnliche Reaktionen hervorrufen.

Charakterisierung der retroviralen Keimbahninvasionen am Modell des Koala-Retrovirus

Wir nutzen das Koala-Retrovirus, um zu verstehen, wie Viren, insbesondere Retroviren, einen großen Teil des Genoms von Wirbeltieren geformt haben, welche Folgen dieser Prozess für den Wirt hat und um Abwehrmechanismen des Wirts zu identifizieren.

Funktionelle Biodiversität von Zellen des Reproduktionssystems

Die Herausbildung verschiedener Reproduktionsstrategien im Verlauf der Evolution bedingt eine ausgeprägte Artspezifität reproduktiver Prozesse. Auch in Abhängigkeit von Entwicklung, Zyklus oder Saisonalität können Zellen des Reproduktionstraktes innerhalb einer Spezies eine unterschiedliche Funktionalität aufweisen. Durch die Analyse der zugrundeliegenden zellulären und molekularen Prozesse wollen wir funktionelle Anpassungen im Reproduktionsgeschehen besser verstehen.

BioRescue – Fortschrittliche Reproduktionstechnologien zur Rettung von stark gefährdeten Säugetieren wie dem nördlichen Breitmaulnashorn

Es gibt nur noch zwei nördliche Breitmaulnashörner auf der Welt, beide sind weiblich. Diese Tiere vor dem Aussterben zu retten, scheint unter diesen Umständen unmöglich. Zusammen mit internationalen Partnern aus Wissenschaft und Artenschutz will das BioRescue-Konsortium das scheinbar Unmögliche möglich machen und entwickelt fortschrittliche Methoden der assistierten Reproduktion (aART) und Stammzell-assoziierte Techniken (SCAT). Diese neuen Methoden werden sofort als neue wissenschaftsbasierte Interventionen im Artenschutz umgesetzt.

Stabilität von Wildtiergemeinschaften unter globalen Veränderungen und über Organisationsebenen hinweg

Um zu verstehen, wie Populationen und Artengemeinschaften auf globale Veränderungen reagieren, untersuchen wir, in wieweit ihre Eigenschaften und ihre Stabilität durch Störungen beeinträchtigt werden.

Die Bewegungsökologie Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) in anthropogenen Landschaften

Die Forschung dieses Projekts widmet sich den Fragen, wie hochmobile Arten wie der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) im Agrarland oder in städtischen Räumen überleben und welche Faktoren das individuelle Verhalten sowie die lokalen Bestände beeinflussen.

Die genomische Basis der konvergenten Evolution in modernen Faultieren

Faultiere hängen an Bäumen aufgrund von Veränderungen, die für die beiden bestehenden Faultierlinien unabhängig voneinander eingetreten sind. Die bisher nicht bekannte genetische Grundlage der konvergenten anatomischen und physiologischen Veränderungen soll durch den Vergleich qualitativ hochwertiger ganzer Genomsequenzen von lebenden Faultieren untersucht werden soll.

Gesundheitszustand und Krankheiten in der mitteleuropäischen Tieflandwolfpopulation

Wölfe in Deutschland befinden sich überwiegend im Spannungsfeld von Jägern, Vieh- und Schafszüchtern, Naturschutzvereinen, Politik und der allgemeinen Öffentlichkeit. Das Leibniz-IZW liefert evidenzbasierte Forschungsergebnisse, die die Grundlage für das Wolfsmanagement in Deutschland bilden.

Der Nacktmull – Eine alternative Modelltierart für die biomedizinische Alternsforschung

Wir untersuchen die evolutionären Anpassungen unterschiedlicher Altersstrategien anhand von Nicht-Modell-Tierarten, insbesondere dem Nacktmull (Heterocephalus glaber). Am Leibniz-IZW halten und züchten wir in 12 Kolonien ca. 400 Individuen dieser eusozialen, etwa mausgroßen Nagetiere. Nacktmulle verfügen über eine außergewöhnliche Krebs- und Hypoxietoleranz und ein einzigartiges Reproduktionssystem. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Netzwerk an Kooperationspartnern des Leibniz Forschungsverbundes ‚Gesundes Altern‘ untersuchen wir die zugrundeliegenden physiologischen Prozesse auf transkriptioneller, biochemischer und verhaltensbiologischer Ebene.

Verhaltensökologie und Evolutionsbiologie der Tüpfelhyänen-Population des Ngorongoro-Krater

Wie – und wie gut – reagieren gruppenlebende Tiere auf soziale und ökologische Veränderungen? Um dieser Frage nachzugehen, untersuchen wir die Evolution von Sozialverhalten sowie Verhaltens- und Evolutionsprozesse, die die Lebensgeschichte und die Fitness gruppenlebender Tiere prägen anhand einer gesamten Population wildlebender Tüpfelhyänen (acht Gruppen, mehr als 2500 Individuen), die wir seit 1996 beobachten und für die wir einen fast vollständigen genetischen Stammbaum über neun Generationen erstellt haben.

Öko-Immunologie von Karnivoren mit geringer immun-genetischer Diversität

In diesem Projekt untersuchen wir den Immunphänotyp sowie die Parasiten und Krankheitserreger von zwei Katzenarten, dem Geparden (Acinonyx jubatus) und dem Iberischen Luchs (Lynx pardinus).

Gesundheit, demographie, ökologische Dynamiken und anthropogene Effekte bei Tüpfelhyänen im Serengeti-Nationalpark

Seit 1987 untersuchen wir das Verhalten, die Ökologie und die Gesundheit von gefleckten Hyänen (Crocuta crocuta) im Serengeti-Nationalpark und verfügen derzeit über detaillierte Informationen zu mehr als 2300 Individuen aus drei Clans.

VideT - Videobasiertes Transferinstrument für Schülerinnen und Schüler

In diesem interdisziplinären Projekt entwickeln wir ein neues, videobasiertes Transferinstrument für den Austausch zwischen Wissenschaft und Schüler*innen. Dabei untersuchen wir, ob und wie das Verständnis für die Forschungsergebnisse erhöht werden kann, indem der Forschungsprozess in den Mittelpunkt der Videos gestellt wird.

WTimpact – Citizen Science als Instrument für den Wissenstransfer (2017 - 2021)

In diesem interdisziplinären Projekt untersuchen wir welche Faktoren das Lernen und die emotionale Einstellung von Teilnehmenden an Citizen Science-Projekten beeinflussen. Wir wollen herausfinden, ob Bürgerwissenschaft als Instrument für den Wissenstransfer genutzt werden kann, und welche Erfolgsfaktoren dabei wichtig sind.

Weitere Projekte:

Evidenzbasierter Arten- und Habitatschutz am Beispiel von asiatischen und afrikanischen Nashörnern

Übertragung von Krankheitserregern in der Umwelt

Funktionelle Biodiversität von Zellen des Reproduktionssystems

Europäisches Ausbildungsnetz für Forschung und Innovation in der Eizellbiologie (EUROVA), Translationale Forschung zur Entwicklung assistierter Reproduktionstechnologien für gefährdete Säugetiere

Physiologie, Ökologie und Schutz von migrierenden Fledermäusen

Adaptive genetische Variation bei Mustelidarten

Signaturen weiblicher/männlicher Fruchtbarkeit – Einsatz von Hochfruchtbarkeitszuchtlinien zur Entschlüsselung der genetischen Grundlage hoher Reproduktionsleistung (SOS-FERT)

Physiologie, Genetik, Verhalten und Schutz urbaner und suburbaner Igel-Populationen in Berlin

Epigenetische Stabilität und Plastizität sozialer Umwelteinflüsse

Frozen Dumbo – Etablierung der ersten großen Kryo-Samenbank für wildlebende Afrikanische Elefanten und andere gefährdete Arten

Die Wirkung von künstlichem Licht auf nachtaktive Säugetiere

Der Ursprung der letzten Wildpferde

Leibniz-Forschungsverbund „Infections’21” – Wasser als Vektor für die Übertragung von Krankheitserregern

Auf dem Weg zur nächsten Stufe des Biobankings

Dynamiken von Wildtierkrankheiten: Verknüpfungen von Eigenschaften von Wirten und Pathogenen

Gute Fortpflanzung und Gesundheit in einer genetisch verarmten Art, dem Gepard

Seeadler Gesundheitsmonitoring

Energie für Ausdauerleistungen: Welchen Treibstoff nutzen migrierende Fledermäuse?

Urbane Wildtierökologie: Wie reagieren Tiere auf neuartige Umwelten?

Fledermaus-Immunologie

Aufkommende Viren im Amazonasbecken

Pleistozäne Immungenetik