Evidenzbasierte Lösungen für den Farmer-Gepard-Konflikt in Namibia

Konflikte zwischen Menschen, ihren Nutztieren und Raubtieren sind ein weltweites Phänomen. Die Entwicklung von nachhaltigen Lösungen bedeutet eine große Herausforderung, besonders für bedrohte Raubtierarten. Wir zeigen am Beispiel der Geparde in Namibia, wie mit detaillierten Informationen der räumlichen Bewegungen der Geparde das Rindermanagement der Farmer angepasst werden kann. Damit reduzieren sich die Verluste substanziell, ebenso das Töten von Geparden durch die Farmer.

Projektdetails
Laufzeit: seit 11/2001
Drittmittelfinanziert: ja
Beteiligte Abteilung(en): Abt. Evolutionäre Ökologie
Projektleitung im Leibniz-IZW: Bettina Wachter (Abt. Evolutionäre Ökologie)
Projektbeteiligte im Leibniz-IZW: Jörg Melzheimer, Rubén Portas, Rebekka Müller, Ralf Röder (alle: Abt. Evolutionäre Ökologie)
Konsortialpartner: -
Aktuelle Förderorganisation: Messerli Stiftung
Forschungsschwerpunkte:
Verständnis von Herausforderungen für Wildtiere
Verbesserung der Lebensfähigkeit von Wildtierpopulationen
Entwicklung neuer Theorien, Methoden und Werkzeuge

 

Heute leben in Afrika noch etwa 7000 freilebende Geparde, mit der größten zusammenhängenden Population in Namibia. Der Hauptteil dieser Population lebt auf Farmland und nicht in Schutzgebieten. Auf Farmland gerät die stark gefährdete Katzenart regelmäßig mit den Farmern in Konflikt, da sie immer wieder Nutztiere reißt und ihr daher vielerorts nachgestellt wird.

Das Projekt untersucht die Bewegungs- und Nahrungs-Ökologie der Geparde im Kontext von Mensch-Wildtier-Konflikten. Wir entdeckten, dass Geparde eine einzigartige sozio-räumliche Organisation aufweisen: einige Männchen besetzen Territorien, die als Kommunikationszentren fungieren und von ihnen, den nicht territorialen Männchen und den Weibchen für den Informationsaustausch genutzt werden. In diesen Zentren kommt es zu einer besonders hohen lokalen Dichte von Geparden, woraus sich eine große Gefahr für Nutztiere ergibt, von Geparden gerissen zu werden.

Aufgrund dieser Entdeckung entwickelten wir in enger Zusammenarbeit mit den Farmern ein Managementsystem, mit dem wir sichere und unsichere Gebiete für die Mutterkuhherden identifizierten. Durch dieses System reduzierten sich die Verluste an Nutztieren durch Geparde und damit auch das unerwünschte Töten der Geparde durch die Farmer substanziell. Unsere Untersuchungen zur Nahrungszusammensetzung mittels Analyse von Kotproben und stabilen Isotopen von Gewebeproben zeigten, dass Geparde opportunistische Jäger sind, sich hauptsächlich von Wildtierarten ernähren und sich nicht auf eine Beutetierart spezialisieren.

Mit Hilfe von Kamerafallen bestimmen wir zudem die Abundanz und Dichte von Geparden in den verschiedenen Biomen in Namibia, um den Bestand dieser wichtigen Population möglichst genau abzuschätzen. Eine essenzielle Komponente des Projektes ist die Einbindung der Farmer als direkte Partner in die Planung der Teilprojekte, sowie eine offene Kommunikation der Forschungsergebnisse an die Farmer. In regelmäßigen Expertenrunden bringen wir unsere Forschungsergebnisse auch in die Politik ein, wie zum Beispiel beim namibischen Ministerium für Umwelt und Tourismus, wo sie fachliche Grundlagen für naturschutzpolitische Entscheidungen darstellen. Weitere wichtige Partner sind die beiden namibischen Universitäten, von denen wir regelmäßig Studierende rekrutieren.

Ausgewählte Publikationen

Melzheimer J, Heinrich SK, Wasiolka B, Mueller R, Thalwitzer S, Palmegiani I, Weigold A, Portas R, Roeder R, Krofel M, Hofer H, Wachter B (2020). Communication hubs of an asocial cat are the source of a human–carnivore conflict and key to its solution. Proceedings of the National Academy of Sciences, 117(52), 33325-33333.

Hofman MPG, Hayward MW, Heim M, Marchand P, Rolandsen CM, Mattisson J, Urbano F, Heurich M, Mysterud A, Melzheimer J, Morellet N, Voigt U, Allen BL, Gehr B, Rouco C, Ullmann W, Holand Ø, Jørgensen NH, Steinheim G, Cagnacci F, Kroeschel M, Kaczensky P, Buuveibaatar B, Payne JC, Palmegiani I, Jerina K, Kjellander P, Johansson Ö, LaPoint S, Bayrakcismith R, Linnell JDC, Zaccaroni M, Jorge MLS, Oshima JEF, Songhurst A, Fischer C, Mc Bride RT Jr., Thompson JJ, Streif S, Sandfort R, Bonenfant C, Drouilly M, Klapproth M, Zinner D, Yarnell R, Stronza A, Wilmott L, Meisingset E, Thaker M, Vanak AT, Nicoloso S, Graeber R, Said S, Boudreau MR, Devlin A, Hoogesteijn R, May-Junior JA, Nifong JC, Odden J, Quigley HB, Tortato F, Parker DM, Caso A, Perrine J, Tellaeche C, Zieba F, Zwijacz-Kozica T, Appel CL, Axsom I, Bean WT, Cristescu B, Périquet S, Teichman KJ, Karpanty S, Licoppe A, Menges V, Black K, Scheppers TL, Schai-Braun SC, Azevedo FC, Lemos FG, Payne A, Swanepoel LH, Weckworth BV, Berger A, Bertassoni A, McCulloch G, Šustr P, Athreya V, Bockmuhl D, Casaer J, Ekori A, Melovski D,  Richard-Hansen C, van de Vyver D, Reyna-Hurtado R, Robardet E, Selva N, Sergiel A, Farhadinia MS, Sunde P, Portas R, Ambarli H, Berzins R, Kappeler PM, Mann GK, Pyritz L, Bissett C, Grant T, Steinmetz R, Swedell L, Welch RJ, Armenteras D, Bidder OR, González TM, Rosenblatt A, Kachel S, Balkenhol N (2019): Right on track? Performance of satellite telemetry in terrestrial wildlife research. PLOS ONE 14,  e0216223.

Edwards S, Fischer M, Wachter B, Melzheimer J (2018): Coping with intrasexual behavioural differences: Capture-recapture abundance estimation of male cheetah. ECOL EVOL 8, 9171-9180. doi:10.1002/ece3.4410.

Frigerio D, Pipek P, Kimmig S, Winter S, Melzheimer J, Diblíková L, Wachter B, Richter A (2018): Citizen Science and wildlife biology: Synergies and challenges. ETHOLOGY. doi:10.1111/eth12746.

Melzheimer J, Streif S, Wasiolka B, Fischer M, Thalwitzer S, Heinrich S, Weigold K, Hofer H, Wachter B (2018): Queuing, take-overs, and becoming a fat cat: Long-term data reveal two distinct male spatial tactics at different life-history stages in Namibian cheetahs. ECOSPHERE 9, e02308. doi:10.1002/ecs2.2308.

Durant SM, Mitchell N, Groom R, Pettorelli N, Ipavec A, Jacobson AP, Woodroffe R, Böhm M, Hunter LTB, Becker MS, Broekhuis F, Bashir S, Andresen L, Aschenborn O, Beddiaf M, Belbachir F, Belbachir-Basi A, Berbash A, Brandao de Matos Machado I, Breitenmoser C, Chege M, Cilliers D, Davies-Mostert H, Dickman AJ, Ezekiel F, Farhadinia FS, Funston P, Henschel P, Horgan J, de Iongh HH, Jowkar H, Klein R, Lindsey PA, Marker L, Marnewick K, Melzheimer J, Merkle J, M’soka J, Msuha M, O’Neill H, Parker M, Purchse G, Sahailou S, Saidu Y, Samna A, Schmidt-Küntzel A, Selebatso E, Sogbohossou EA, Soultan A, Stone E, van der Meer E, van Vuuren R, Wykstra M, Young-Overton K (2017): The global decline of cheetah (Acinonyx jubatus) and what it means for conservation. PROC NATL ACAD SCI USA 114, 528-53. doi:10.1073/pnas.1611122114.

Potgieter GC, Weise FJ, Wachter B, Melzheimer J, Wiesel I, Stratford K (2017): Comment on Rust et al.: Human-carnivore conflict in Namibia is not simply about black and white. SOC NAT RESOUR. doi:10.1080/08941920.2017.1283077.

Weise FJ, Vijay V, Jacobson AP, Schoonover RF, Groom RJ, Horgan J, Keeping D, Klein R, Marnewick K, Maude G, Melzheimer J, Mills G, van der Merwe V, van der Meer E, van Vuuren RJ, Wachter B, Pimm SL (2017): The distribution and numbers of cheetah (Acinonyx jubatus) in southern Africa. PEERJ 5, e4096. doi:10.7717/peerj.4096.

Voigt CC, Thalwitzer S, Melzheimer J, Blanc A-S, Jago M, Wachter B (2014): The conflict between cheetahs and humans on Namibian farmland elucidated by stable isotope diet analysis. PLOS ONE 9, e101917. doi:10.1371/journal.pone.0101918.

Johnson S, Marker L, Mengersen K, Gordon CH, Melzheimer J, Schmidt-Küntzel A, Nghikembua M, Fabiano E, Henghali J, Wachter B (2013): Modelling the viability of the free-ranging cheetah population in Namibia - an Object Oriented Bayesian Network Approach. ECOSPHERE 4, 90. doi:10.1890/ES12-00357.1.

Voigt CC, Melzheimer J, Thalwitzer S, Wachter B (2013): A breath test to assign carnivore diets to browsers or grazers. WILDLIFE BIOL 19, 311-316. doi:10.2981/13-012.

Wachter B, Blanc A-S, Melzheimer J, Höner OP, Jago M, Hofer H (2012): An advanced method to assess the diet of free-ranging large carnivores based on scats. PLOS ONE 7, e38066. doi:10.1371/journal.pone.0038066.