Simulationsmodellierung zum besseren Verständnis von demografischen und genetischen Veränderungen bei wachsenden Wildtierpopulationen
Populationswachstum wird durch demografische Prozesse bewirkt, die schwer zu erfassen sind: sie sind eng miteinander verzahnt und unterliegen komplexen Wechselwirkungen. Auf der Grundlage der Daten einer mehr als 22 Jahre andauernden Untersuchung der Tüpfelhyänenpopulation (Crocuta crocuta) im Ngorongoro-Krater in Tansania soll mittels eines Individuen-basierten Simulationsmodells erforscht werden, wie (und welche) demografische Prozesse Populationswachstum ermöglichen, wie sie es begrenzen und welche evolutiven Konsequenzen dies nach sich zieht.
Projektdetails
Laufzeit: | seit 2020 |
Drittmittelfinanziert: | ja |
Beteiligte Abteilung(en): | Abt. Evolutionäre Ökologie, Abt. Evolutionsgenetik |
Projektleitung im Leibniz-IZW: |
Oliver Höner (Abt. Evolutionäre Ökologie)
|
Projektbeteiligte im Leibniz-IZW: |
Liam Bailey, Alexandre Courtiol, Colin Vullioud
(alle: Abt. Evolutionsgenetik)
|
Konsortialpartner: | - |
Aktuelle Förderorganisation: | DFG Eigene Stelle für Liam Bailey |
Forschungsschwerpunkte: | - |
Die Simulationsmodellierung von Wildtierpopulationen ist ein nützliches Instrument zur Untersuchung komplexer ökologischer und genetischer Fragen, die mit traditionellen Ansätzen nur schwer zu beantworten sind. Basierend auf sozialen, demografischen und genetischen Daten einer 24-jährigen Studie an Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) im Ngorongoro-Krater, Tansania, erstellten wir ein Individuen-basiertes Modell (agent-based model), das das komplexe System dieses Großraubtiers wirklichkeitsgetreu simuliert. Tüpfelhyänen sind ideal für unsere Studie, da sie in ihrer strengen sozialen Hierarchie Vetternwirtschaft (Nepotismus) betreiben, ein Verhalten, das auch häufig bei Primaten wie Pavianen und Menschen beobachtet wird. Wir nutzen unser demo-genetisches Modell zur Untersuchung von nepotistischem Verhalten und um zu verstehen, wie Nepotismus die Auswirkungen von Umweltveränderungen und menschlichen Eingriffen zum Schutz der Natur auf das Verhalten, die Ökologie und das Überleben der Tüpfelhyänen beeinflusst. Die Studie wird uns helfen, eine für Savannen zentral wichtige Tierart besser zu verstehen und Einblicke in die Folgen von Vetternwirtschaft in Tiergesellschaften zu geben.
Aktuelle Forschungsfragen:
Wie wirkt sich demografischer Wandel auf die Tüpfelhyänen-Gesellschaft aus?
Die Struktur des Tüpfelhyänen-Sozialsystems lässt sich durch Messung des Unterschiedes im Reproduktionserfolg anhand von Messgrößen wie dem ‚Gini coefficient‘ und dem ‚binomial skew index‘ charakterisieren. Mit unserem Simulationsmodell lassen sich die demografischen Variablen (z.B. Geschlechterverhältnis, Lebensspanne) identifizieren, die den Grad der Ungleichheit im Reproduktionserfolg am stärksten beeinflussen.
Wie wirken sich zukünftige Umweltveränderungen auf die Tüpfelhyänen aus?
Mit Hilfe des Simulationsmodells lässt sich vorhersagen, wie sich in Schutzgebieten häufig angewandte Managementstrategien (z.B. Beweidung durch Nutztiere, Tötung von Raubtieren) und unterschiedliche Szenarien von zukünftigen Umweltveränderungen (z.B. Klimawandel) auf den Fortbestand und die Ungleichheit innerhalb der Tüpfelhyänenpopulation auswirken. In unserem demo-genetischen Modell lässt sich der Grad an Vetternwirtschaft in der Tüpfelhyänen-Gesellschaft variieren. Damit können wir testen, wie der Grad an Vetternwirtschaft die Auswirkungen von Umweltveränderungen beeinflusst.
Wie wirkt sich Vetternwirtschaft auf die genetische Vielfalt und das evolutionäre Potenzial aus?
Mit Hilfe der genetischen Komponente unseres demo-genetischen Modells können wir die erwartete genetische Vielfalt (Simulation neutraler genetischer Elemente) und das evolutionäre Potential (Simulation des Genlokus unter Selektion) quantifizieren. Wie bei der Untersuchung von Umweltveränderungen lässt sich in unserem Modell auch der Grad an Vetternwirtschaft variieren und damit der Effekt von Vetternwirtschaft auf die genetische Vielfalt und das evolutionäre Potenzial quantifizieren.