Paternale epigenetische Effekte

Vererbbare genetische Veränderungen oder generationsübergreifende Effekte sind das Resultat der Verankerung epigenetischer Marker im Genom von Gameten als Folge von Umwelteinflüssen. Um paternale Effekte auf die nächste Generation nachzuweisen, untersuchten wir an Wildmeerschweinchen (Cavia aperea), ob Änderungen der Umweltbedingungen zu veränderten Methylierungsmustern im Gewebe bei Vätern und deren Söhnen führen. 

Projektdetails
Laufzeit: 03/2011 - 12/2014
Drittmittelfinanziert: ja
Beteiligte Abteilung(en): Abt. ReproduktionsbiologieAbt. Evolutionäre Ökologie, Abt. Evolutionsgenetik, Abt. Reproduktionsmanagement, Feldforschungsstation
Projektleitung im Leibniz-IZW: Katarina Jewgenow (Abt. Reproduktionsbiologie)
Projektbeteiligte im Leibniz-IZW:

Jörns Fickel, Alexandra Weyrich (alle: Abt. Evolutionsgenetik), Sylvia Ortmann, Stephan Karl (alle: Abt. Evolutionäre Ökologie), Frank Göritz (Abt. Reproduktionsmanagement), Irina Kasprzak (Feldforschungsstation)

Konsortialpartner:

Berlin Center for Genomics in Biodiversity Research (BeGenDiv)

Aktuelle Förderorganisation: Leibniz-Wettbewerb
Forschungsschwerpunkte:
Verständnis von Herausforderungen für Wildtiere

 

Epigenetische Vererbung als Grundlage für die Anpassungsfähigkeit auf veränderte Umweltbedingungen ist sehr wahrscheinlich nicht nur auf maternale Effekte beschränkt, sondern lässt einen äquivalenten Mechanismus auch auf paternaler Seite vermuten. Im Projekt sollte daher untersucht werden, ob drastische Veränderungen der Umweltbedingungen bei Vatertieren eine epigenetische Manifestierung in den Nachkommen bewirkt. Es sollte untersucht werden, ob exogene, während der Spermatogenese einwirkende Faktoren, wie Hitzebehandlung/ Temperaturerhöhung oder Reduktion von Nahrungskomponenten, oder die Manipulationen von Spermien unmittelbar vor der Befruchtung durch Maßnahmen der assistierten Reproduktion eine Veränderung der DNA-Methylierung und Genexpression in den Nachkommen bewirken. Um nach grundlegenden Mechanismen der paternalen Vererbung unter natürlichen Bedingungen zu suchen, bevorzugten wir für unsere Untersuchung eine genetisch heterogene Wildtierart im Gegensatz zu isogenen Inzuchtstämmen oder Zellkulturen.

In dieser Studie bestätigen wir unsere Ausgangshypothese. Wir zeigen, dass das väterliche Methylom des wilden Meerschweinchens (WMS) sowohl nach Temperaturerhöhung als auch nach Nahrungsveränderungen epigenetische Anpassungsprozesse (DNA-Methylierung) durchläuft, die zudem an die Nachkommen weitergegeben werden. Veränderungen der Genaktivität (Transkription) als Reaktion auf veränderte Umweltfaktoren, denen die Väter ausgesetzt waren, konnten bisher für ausgewählte Gene nachgewiesen werden. Weitere Untersuchungen folgen. Im Embryo zeigt die Gen-Expression selektierter Gene eine Abhängigkeit vom jeweiligen Vater, nicht aber von den untersuchten Umweltfaktoren. Die Gefrierkonservierung von Sperma resultiert in einer veränderten Expression ausgewählter Gene in in-vitro produzierten Embryonen. Die weiteren Auswirkungen auf die erzeugten Nachkommen sind noch ungeklärt.

Dies ist die bisher größte Studie, in der epigenetische Anpassungsfähigkeit in einem wilden, genetisch heterogenen Säugetier untersucht wurde, sowie die erste Untersuchung an einem Säugetier zur epigenetischen Anpassung an erhöhte Temperaturen. Unsere Ergebnisse zeigen im Kontext neuerer internationaler Studien, dass neben der maternalen epigenetischen Vererbung auch der transgenerative paternale epigenetische Vererbungsweg für die Anpassung an veränderte Umweltbedingen relevant ist.

Neben der Feldforschungsstation, wo die Tiere gehalten wurden, und dem BeGenDiv waren vier Abteilungen des IZW am Projekt beteiligt: Die Abteilung Evolutionäre Ökologie beaufsichtigte die Haltung der Wildmeerschweinchen in der Feldforschungsstation Niederfinow und führte die Ernährungsversuche durch. Die Abteilung Evolutionsgenetik war für die Genomsequenzierung als auch für die Methylomanalyse verantwortlich und konnte durch dieses Projekt seine epigenetische Kompetenz etablieren. Die Abteilung Reproduktionsbiologie untersuchte das Paarungsverhalten, das Paarungssystem sowie das Östrusverhalten der Wildmeerschweine als Voraussetzung für die Gewinnung von frühen embryonalen Stadien. An diesen Embryonen führte sie Genexpressionsanalysen durch. Des Weiteren wurden alle Hormonuntersuchung durch die Abteilung durchgeführt. Die Abteilung Reproduktionsmanagement führte das Monitoring des fetalen Wachstums via Ultraschall durch, und war sowohl für die Probengewinnung, als auch für die Gewährleistung der Tiergesundheit während des Experiments verantwortlich.

 
   
Ausgewählte Publikationen

Hribal R, Ringleb J, Braun BC, Jewgenow K (2012): Capabilities and challenges of examination of gene expression in early cat embryos. Reprod Dom Anim 47, 147–151. doi:10.1111/rda.12081.

Hribal R, Jewgenow K, Ruebensam K, Günther A (2016): Blastocyst recovery and multifactorial gene expression analysis in the wild guinea pig (Cavia aperea). THERIOGENOLOGY 86, 1299-1307. doi:10.1016/j.theriogenology.2016.04.071.

Rübensam K, Hribal R, Jewgenow K, Guenther A (2015): Seasonally different reproductive investment in a medium sized rodent (Cavia aperea). THERIOGENOLOGY 84, 639-644. doi:10.1016/j.theriogenology.2015.04.023.

Schumann K, Guenther A, Göritz F, Jewgenow K (2014b): Characterization of fetal growth by repeated ultrasound measurements in the wild guinea pig (Cavia aperea), THERIOGENOLOGY 82, 490-494. doi:10.1016/j.theriogenology.2014.05.007.

Schumann K, Guenther A, Jewgenow K, Trillmich F (2014a): Animal housing and welfare: effects of housing conditions on body weight and cortisol in a medium sized rodent (Cavia aperea). J APPL ANIM WELF SCI 17, 111-124. doi:10.1080/10888705.2014.884407.

Weyrich A (2012): Preparation of genomic DNA from mammalian sperm. CURR PROTOC MOL BIOL, 2:2.13.1-3. doi:10.1002/0471142727.mb0213s98.

Weyrich A, Schüllermann T, Heeger F, Jeschek M, Mazzoni CJ, Chen W, Schumann K, Fickel J (2014): Whole genome sequencing and methylome analysis of the wild guinea pig. BMC GENOMICS 15, 1036. doi:10.1186/1471-2164-15-1036.

Weyrich A, Lenz D, Jeschek M, Chung TH, Rübensam K, Göritz F, Jewgenow, K, Fickel J (2015): Paternal intergenerational epigenetic response to heat exposure in male wild guinea pigs. MOL ECOL 25, 1729-1740. doi:10.1111/mec.13494.

Weyrich A, Benz S, Karl S, Jeschek M, Jewgenow K, Fickel J (2016): Paternal heat exposure causes DNA methylation and gene expression changes of Stat3 in wild guinea pig sons. ECOL EVOL 6, 2657-2666. doi:10.1002/ece3.1993.

Weyrich A, Jeschek M,Schrapers KT, Lenz D, Chung TH, Rübensam K, Yasar S, Schneemann M, Ortmann S, Jewgenow K, Fickel J (2018): Diet changes alter paternally inherited epigenetic pattern in male Wild guinea pigs. ENVIRON EPIGENET 4, dvy011. doi:10.1093/eep/dvy011.