Es müssen nicht immer Antibiotika sein: Gesunde Schweinezucht
Forscher haben eine Möglichkeit gefunden, die Verwendung von Antibiotika in der Schweinezucht durch den Einsatz von antimikrobiellen Peptiden zu reduzieren. Die Ergebnisse der Studie wurden im Online-Fachjournal PLOS ONE veröffentlicht.
Wissenschaftler haben den Einsatz von antimikrobiellen Peptiden (AMP) als Ersatzstoff für Antibiotika bei der Flüssigkonservierung von Sperma untersucht. Die Forscher konnten zeigen, dass die AMPs im Reagenzglas Bakterien effektiv bekämpfen. Für zwei der untersuchten AMPs konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass sie bakterielles Wachstum in flüssigkonservierten Spermaproben unterdrücken, besonders wenn man ihren Einsatz mit einer geringen Dosis des Antibiotikums „Gentamicin“ kombiniert. Die Qualität der Spermien wurde dabei nicht beeinträchtigt.
Bakterien besitzen eine sehr hohe Anpassungsfähigkeit, was zu einer zunehmenden Resistenz gegenüber Antibiotika führen kann. Bei der künstlichen Besamung stellt dies Züchter vor große Probleme, denn die künstliche Besamung mit flüssigkonserviertem Sperma wird heute zur assistierten Reproduktion in der Schweineproduktion weltweit routinemäßig angewendet. Frisch gewonnene Ejakulate enthalten grundsätzlich Bakterien. Bei der Flüssigkonservierung erweisen sich die Erreger als sehr schädlich sowohl für die Qualität als auch die Langlebigkeit der Spermien. Das wirkt sich negativ auf die Befruchtungsfähigkeit aus.
Die Zugabe von Antibiotika zum verdünnten Sperma ist gesetzlich vorgeschrieben und ermöglicht eine Hemmung des Wachstums der Bakterien. Jedoch entwickeln viele Bakterienarten sehr schnell Resistenzen gegen die bisher eingesetzten Antibiotika. Daher ist es unerlässlich, nach neuen keimabwehrenden Alternativen zu suchen.
Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und dem Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. (IFN) erforschten die Wirkung antimikrobieller Peptide. Bei diesen Molekülen handelt es sich um natürlich vorkommende Aminosäureverbindungen, welche auf Bakterien toxisch wirken und in fast allen Organismen als erste Abwehr gegen Pathogene zu finden sind. Für die Versuche wurden kationische Peptide mit antimikrobieller Wirkung synthetisch hergestellt. „Antimikrobielle Peptide stellen momentan noch keinen vollständigen Ersatz für traditionelle Antibiotika bei der Flüssigkonservierung von Sperma dar, ermöglichen es jedoch, deren Einsatz deutlich zu verringern“, erklärt Dr. Karin Müller vom IZW. „Dies ist auch für den Menschen von Vorteil, da die Ausprägung von Resistenzen einschränkt wird, wenn weniger Antibiotika eingesetzt werden können.“
Zusätzlich sind weitere Anwendungsmöglichkeiten denkbar, wie Dr. Margitta Dathe vom FMP erläutert. „Peptide mit antimikrobieller Wirkung könnten ebenso bei der Konservierung von anderen Zellen eingesetzt werden oder auch für die Behandlung oberflächlicher Infektionen entwickelt werden.“
Aktuelle Publikation:
Speck S, Courtiol A, Junkes C, Dathe M, Mueller K, Schulze M (2014): Cationic synthetic peptides: assessment of their antimicrobial potency in liquid preserved boar semen. PLOS ONE 9(8): e105949. doi:10.1371/journal.pone.0105949.
Vohergehende Publikation:
Schulze M, Junkes C, Mueller P, Speck S, Ruediger K, Dathe M, Mueller K (2014): Effects of cationic antimicrobial peptides on liquid-preserved boar spermatozoa. PLOS ONE 9(6): e100490. doi:10.1371/journal.pone.0100490.
Kontakt:
Dr. Karin Müller
Tel.: +49 30 5168-125
mueller@izw-berlin.de
Steven Seet
(Öffentlichkeitsarbeit)
Tel.: +49 30 5168-125
seet@izw-berlin.de
Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP)
dathe@fmp-berlin.de
-------------------------------------------------------------------------
Hintergrundinformation:
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) ist eine national und international renommierte Forschungseinrichtung, die anwendungsorientierte und interdisziplinäre Grundlagenforschung in den Bereichen Evolutionsökologie und -genetik, Wildtierkrankheiten, sowie Reproduktionsbiologie und -management bei Zoo- und Wildtieren betreibt. Aufgabe des IZW ist die Erforschung der Vielfalt der Lebensweisen, der Mechanismen evolutionärer Anpassungen und der Anpassungsgrenzen inklusive Krankheiten von Zoo- und Wildtieren in und außerhalb menschlicher Obhut sowie ihrer Wechselbeziehungen mit Mensch und Umwelt. Die gewonnenen Erkenntnisse sind Voraussetzung für einen wissenschaftlich begründeten Artenschutz und für Konzepte der ökologischen Nachhaltigkeit der Nutzung natürlicher Ressourcen. Das IZW gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (www.fv-berlin.de)
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die
Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Wissenschaftscampi -, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,4 Milliarden Euro.