Orang-Utans leben nicht nur auf Bäumen

Orang-Utan mit Nachwuchs. Foto: Andrew Hearn & Joanna Ross
Orang-Utan mit Nachwuchs. Foto: Andrew Hearn & Joanna Ross

Ein internationales Forscherteam untersuchte, in welchem Maße Orang-Utans mit den von Menschenhand verursachten Lebensraumänderungen zurechtkommen.

Orang-Utans halten sich weit häufiger auf dem Boden auf als bislang bekannt. Das ist die wichtigste Erkenntnis, die jetzt in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde. Ihre Bodenaktivität ist in ungestörten Regenwäldern erstaunlicherweise sogar höher als in nachhaltig bewirtschafteten Waldgebieten - und damit auf einem ähnlichen Niveau wie in stark eingeschlagenen Wirtschaftswäldern.

Das fand ein internationales Wissenschaftlerteam heraus. Einer von ihnen ist Dr. Andreas Wilting vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), der maßgeblich zum Erfolg der Studie beigetragen hat. „Es wurden sowohl weibliche Orang-Utans, sogar mit Jungtieren, als auch männliche Orang-Utans aller Altersstufen bei ihren Ausflügen auf den Boden beobachtet, wobei die viel schwereren erwachsenen männlichen Orang-Utans mit Wangenwülsten am häufigsten fotografiert wurden“, kommentiert Andreas Wilting. Dass auch weibliche Orang-Utans die Baumkronen verlassen, um sich auf dem Boden fortzubewegen, war für die Wissenschaftler neu. Die bisherigen Erkenntnisse über das Verhalten der Orang-Utans basierten hauptsächlich auf direkten Beobachtungen, was im Fall der scheuen Menschenaffen anscheinend zu einem verzerrten Bild der wahren Situation geführt hat. Für die Ergebnisse der neuen, in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlichten, Studie haben die Wissenschaftler Fotos und Videos aus 16 Gebieten in Malaysia und Indonesien zusammengetragen. Erstellt wurden die Bilder mit Hilfe von mehr als 1.400 Fotofallen.

Welche Auswirkungen hat der häufige Aufenthalt auf dem Boden für die Baumbewohner?  Neben einigen „Vorteilen“ für die Orang-Utans, wie beispielsweise die Möglichkeit der Nahrungssuche in Bodennähe und das Potential, sich auch in leicht fragmentierten Wäldern fortzubewegen, birgt das Bodenleben für die Orang-Utans auch  Risiken. So könnten Orang-Utans beispielsweise leichter gejagt werden. Auch die Nähe zum Menschen kann gefährlich sein, sie könnten sich mit neuen Krankheitserregern infizieren.

Orang-Utans gehören zu den größten auf Bäumen lebenden Säugetieren. Auf Borneo leben etwa 70 Prozent der Orang-Utans in kommerziell genutzten Wäldern. Offensichtlich besitzen die Orang-Utans die Fähigkeit, mit moderaten, durch Menschenhand verursachten Veränderungen des Lebensraumes zurechtzukommen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, wie wichtig es ist, auch kommerziell genutzte Waldgebiete für den Schutz der Orang-Utans zu berücksichtigen und die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Nutzungsstrategien für solche Wälder zu betonen.

 

 

Publikation
Ancrenaz M, Sollmann R, Meijaard E, Hearn AJ, Ross J, Samejima H, Loken B, Cheyne SM, Stark DJ, Gardner PC, Goossens B, Mohamed A, Bohm T, Matsuda I, NakabayasiM, Lee SK, Bernard H, Brodie J, Wich S, FredrikssonG, Hanya G, Harrison ME, Kanamori T, Kretzschmar P, Macdonald DW, Riger P, Spehar S,  Ambu LN, Wilting A (2014): Coming down from the trees: Is terrestrial activity in Bornean orangutans natural or disturbance driven? SCI REP-UK 4, 4024; Doi:10.1038/srep04024.

 

Kontakt

Leibniz-Institut für Zoo und Wildtierforschung (IZW)

Dr. Andreas Wilting
Tel.: +49 30 5168-333

wilting@izw-berlin.de

Steven Seet

(Öffentlichkeitsarbeit)
Tel.: +49 30 5168-125
seet@izw-berlin.de

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