Reproduktions- und Stammzellforscher erstellen Rettungsplan für Nördliches Breitmaulnashorn
Ein internationales Forscherteam hat einen Rettungsplan für die weltweit letzten drei Nördlichen Breitmaulnashörner (Ceratotherium simum cottoni) aufgestellt. Ziel ist es, die drei letzten Nashörner und Gewebeproben der bereits verstorbenen Individuen zu nutzen, um eine lebensfähige selbsterhaltende Population zu schaffen. Dazu setzen die Forscher aktuelle Erkenntnisse aus der Reproduktions- und Stammzellforschung ein.
Unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), dem San Diego Zoo Global (USA), dem Tiergarten Schönbrunn (Österreich) und dem ZOO Dvůr Králové (Tschechische Republik) haben Experten einen Rettungsplan für das Nördliche Breitmaulnashorn entwickelt.
Die Forscher beabsichtigen, Nördliche Breitmaulnashörner mithilfe von natürlichen Keimzellen der letzten lebenden Individuen sowie induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) zu vermehren. Die iPS-Zellen können aus Körperzellen wie z. B. der Haut gewonnen werden. In der Zukunft könnte es möglich sein, diese iPS-Zellen gezielt in Zellen wie Neuronen, Herzmuskelzellen oder sogar in Keimzellen ausreifen zu lassen. Sollte alles nach Plan verlaufen, können diese anschließend nach der künstlichen Befruchtung in eine Leihmutter eingebracht werden. Am Ende würden fortpflanzungsfähige Nördliche Breitmaulnashörner entstehen. Der erstmalige Einsatz der Stammzellentechnologie für den Artenschutz ist bahnbrechend. Ein Erfolg bietet neue Möglichkeiten im Kampf gegen das rasante, vom Menschen verursachte Artensterben.
Auf dem vom 3. bis 6. Dezember in Wien stattgefundenen Expertentreffen „Conservation by Cellular Technologies“ kamen internationale Wissenschaftler von vier Kontinenten zu dem Schluss, dass eine Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns nur noch durch den Einsatz von zellulären Techniken möglich ist. Ein Teilnehmer des Treffens, der japanische Stammzellforscher Katsuhiko Hayashi (Kyushu University), hat bereits aus einfachen Hautzellen ganze Mäuse wachsen lassen. Nun arbeitet ein internationales Forscherteam daran, dieses Erfolgsmodell auf das Nördliche Breitmaulnashorn zu übertragen.
Seit dem Tod von Nola, einem 41-jährigen Nördlichen Breitmaulnashorn, im San Diego Zoo Safari Park in Kalifornien am 22. November 2015 und Nabiré, einem 32-jährigen Weibchen, im ZOO Dvůr Králové am 27. Juli 2015 verbleiben nur noch drei Exemplare dieser einzigartigen Tierart. Diese drei Individuen, ein Männchen und zwei Weibchen, leben momentan im Ol Pejeta Conservancy in Kenia. Das Alter der Tiere sowie Schwierigkeiten bei deren Reproduktion machen eine Vermehrung auf natürlichem Wege unwahrscheinlich. Allerdings wird die DNA von einem Dutzend Individuen des Nördlichen Breitmaulnashorns in Genbanken in Berlin und San Diego aufbewahrt. Die Experten nutzen diese genetische Information, um die Art vor dem Aussterben zu bewahren.
Die ersten Arbeiten an den noch verbleibenden Zellen des Nördlichen Breitmaulnashorns haben bereits begonnen. Der gesamte Rettungs- und Forschungsplan wird nächstes Jahr in Form eines aktuellen Statuspapiers (White Paper) veröffentlicht.
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Hintergrundinformationen:
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) ist eine national und international renommierte Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft. Mit den Forschungszielen „Anpassungsfähigkeit verstehen und verbessern“ untersucht es die evolutionären Anpassungen von Wildtierpopulationen und ihre Belastungen durch den globalen Wandel und entwickelt neue Konzepte und Maßnahmen für den Artenschutz. Dafür setzt es seine breite interdisziplinäre Kompetenz in Evolutionsökologie und –genetik, Wildtierkrankheiten, Reproduktionsbiologie und –management im engen Dialog mit Interessensgruppen und der Öffentlichkeit ein.
www.leibniz-izw.de
Der Tiergarten Schönbrunn ist der älteste Zoo der Welt. Er wurde 1752 gegründet und ist Teil des UNESCO Weltkulturerbes Schönbrunn. Mit einer einzigartigen Verbindung von Denkmalschutz und zeitgemäßer Tierhaltung bietet der Zoo einen Lebensraum für über 700, zum Teil hochbedrohte Tierarten, wie die seltenen Großen Pandas. Vier Mal in Folge wurde er als bester Zoo Europas ausgezeichnet. Dieser einzigartige Zoo wird wissenschaftlich geführt und hat das Ziel, seine Besucher für die Welt der Tiere zu begeistern und ihr Bewusstsein für deren Schutz zu wecken. Der Tiergarten Schönbrunn ist heute nicht nur ein beliebter Erholungsraum, sondern auch ein Bildungszentrum, Schauplatz für Forschung und Lehre sowie ein starker Partner für Natur- und Artenschutzprojekte.
www.zoovienna.at
Das Ziel des San Diego Zoo Global ist es, Arten vor dem Aussterben zu bewahren. Die Arbeit des San Diego Zoo Global, welcher führend im Bereich Artenschutz ist, beinhaltet Vor-Ort-Artenschutzbemühungen (sowohl für Pflanzen als auch Tiere) im San Diego Zoo, San Diego Zoo Safari Park und San Diego Zoo Institute for Conservation Research sowie internationale Programme auf sechs Kontinenten. Die Arbeit dieser Institutionen wird Kindern durch das San Diego Zoo Kids network über das Internet und landesweit in Kinderkrankenhäusern zugänglich gemacht. Die Arbeit desSan Diego Zoo Global wird ermöglicht durch die San Diego Zoo Global Wildlife Conservancy und zum Teil von der Stiftung des San Diego Zoo Global unterstützt.
www.sandiegozooglobal.org/overview
ZOO Dvůr Králové ist seit den späten 1970er Jahren einer der weltweit wichtigsten Züchter afrikanischer Huftiere. Der Zoo widmet sich dem Schutz afrikanischer Wildtiere durch Anwendung von ex-situ und in-situ Methoden sowie durch Förderung der afrikanischen Kultur und des Wildtierschutzes. Vier Nördliche Breitmaulnashörner wurden im Zoo geboren. Im Jahr 2009 kollaborierte er mit seinen Partnern, um die vier Tiere ins Ol Pejeta Conservancy in Kenia zu überführen – in der Hoffnung, dadurch ihre Fortpflanzung zu begünstigen.
www.zoodvurkralove.cz/en/